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BDA Stellungnahme: BR-Studiobau muss erhalten bleiben!

7. November 2023

© Christian Brühl
© Christian Brühl
BR Studiobau vom Hochhaus aus gesehen

Aufruf
Der Bayerische Rundfunk beabsichtigt im Rahmen der Neustrukturierung des Stammgeländes den Studiobau des Bayerischen Rundfunks an der Marsstraße abzubrechen.

Der BDA Bayern spricht sich entschieden dagegen aus und fordert für das 1963 fertiggestellte Gebäude aufgrund seiner besonderen Qualität und einzigartigen Historie den Denkmalstatus und ein baulich-funktionales Zukunftskonzept, das seinen Fortbestand sichert.

Der von Josef Wiedemann, Werner Eichberg und Otto Roth geplante und 1958-63 errichtete Studiobau vereint zukunftsweisende architektonische, ingenieurtechnische und raumakustische Lösungen mit hochwertiger baukünstlerischer Ausführung. Durch unzählige Aufnahmen, Konzerte und Veranstaltungen ist er für Künstler und Publikum zu einem Ort geworden, dessen Verlust nicht wiedergutzumachen wäre.

Stand der Planungen für das Rundfunkgelände
Nach dem bis 2025 vorgesehenen Umzug nach Freimann plant der BR die Neustrukturierung seines Stammgeländes zwischen Arnulfstraße und Marsstraße, westlich von Rund-funkplatz und Hopfenstraße.

Der BR beabsichtigt langfristig nur noch etwa ein Drittel des Geländes für öffentlichkeitsbezogene Funktionen zu nutzen, hegt aber keine Verkaufsabsichten. Der Planungsgewinn aus der Änderung des Baurechts für den Standort soll dem BR durch Wertschöpfung aus neuen Nutzungen zugutekommen und die notwendigen Investitionen ermöglichen. Kerngebietstypische und öffentlich zugängliche Nutzungen mit Schwerpunkt Kultur und Medien sind als Planungsziele formuliert.

Der Südteil des Rundfunkgeländes liegt im Umgriff des Bebauungsplans Nr. 937 von 1974, dessen Baurecht weitgehend ausgeschöpft ist. Der Nordteil ist derzeit als im Zusammenhang bebauter Ortsteil nach §34 BauGB zu beurteilen. Der BR rechnet damit, die aktuell ca. 80.000 qm Geschossfläche im Areal bei Erhalt oder Ersatz des BR-Hochhauses und Erhalt des denkmalgeschützten Riemerschmid-Baues um etwa 10-15.000 qm zu steigern. Die an der Umgebungsbebauung orientierten Nachverdichtungspotentiale werden im Nordteil des Planungsgebietes – und damit am Standort des Studiobaues – gesehen.

Der Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung hat am 10.03.2021 die Aufstellung des Bebauungsplanes mit Grünordnung Nr. 2049 mit Teiländerung des Bebauungsplanes Nr. 937 und die Durchführung eines städtebaulichen und landschaftsarchitektonischen Wettbewerbes beschlossen.

Die in der Beschlussvorlage formulierten Planungsziele heben zwar Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Schaffung öffentlichen Raumes sowie die Abstimmung mit Hochhausstudie und Denkmalschutz hervor. Der Erhalt und die Entwicklung der Bausubstanz und die Würdigung ihrer Historie, Bedeutung und Qualität finden indes nur für den denkmalge-schützten Riemerschmid-Bau Erwähnung. Für das Hochhaus wird die Option Ersatzbau erwähnt und der Studiobau, der Verbindungsbau sowie das Kantinengebäude stehen für die Baurechtsmehrung zum Abbruch.

Der BDA Bayern fordert die Entscheidungsträger zu einem respektvollen und verantwortungsvollen Umgang mit dem Bestand auf. Fast 100 Jahre Rundfunkgeschichte und Kul-turarbeit prägen diesen Ort, ihre Epochen prägen das Ensemble mit seinen individuellen Gebäuden. Sie stellen aus Sicht des BDA hohe materielle, ideelle und kulturelle Werte dar und dürfen nicht der Ratlosigkeit gegenüber der Weiternutzung und einer vermeintlichen Gewinnaussicht durch Immobilienverwertung geopfert werden.

Situation des Studiobaues
Der Studiobau wird vom BR zwar noch vollumfänglich für die tägliche Programmarbeit und Veranstaltungen genutzt, aber dennoch nicht als zukunftsfähig betrachtet. Nach der-zeitigem Kenntnisstand sieht sich der BR nicht in der Lage, den Studiobau instandzuhalten oder zu sanieren. Ein Kernproblem soll der Brandschutz der Lufträume um die innen-liegenden Studios sein. Der BR bezieht sich für seine Einschätzung auf Gutachten vom August 2023, die die Sanierungskosten auf 300 Mio. € beziffern.

Eine Aufschlüsselung dieser Kosten ist nicht bekannt, ebenso wenig die planerischen Berechnungsgrundlagen. Insbesondere zum Umgang mit dem zentralen Thema Brandschutz liegen keine Informationen zu den kalkulierten Lösungsansätzen vor. Die entsprechenden Unterlagen stehen nur den Entscheidungsträgern des BR zur Verfügung und müssen vertraulich behandelt werden. Die Sitzungen, in denen über die Thematik beraten und entschieden wurde, waren nicht öffentlich.

Bedeutung des Studiobaues
Mit dem Neubau entstand das „Herz des Bayerischen Rundfunks“, ein richtungsweisendes Bauwerk auf höchstem internationalem Standard. Nach 60 Jahren Dauerbetrieb mit unzähligen Produktionen und Veranstaltungen erfüllt es nach wie vor täglich seinen Zweck und ist den Wort- und Musikkünstlern, Orchestern, Regisseuren, Journalisten und Schauspielern wie auch ihrem Publikum über Generationen ein vertrauter Ort und fester Begriff.

Drei Sendesäle und neun Aufnahmestudios mit Auftrittsmöglichkeit erlauben als innenliegende akustisch entkoppelte Haus-in-Haus-Konstruktionen gleichzeitigen Aufnahme- bzw. Sendebetrieb. Die Sendekomplexe der BR-Programme, 35 Tonstudios, 85 Redaktions-, Büro- und Verwaltungsräume sowie Dirigenten- und Solistenzimmer, Proben- und Übungsräume, Archive, Werkstätten und Instrumentenlager sind in diesem Gebäude kombiniert und durch raffinierte Erschließung verbunden.

Die drei großen Publikumsstudios für knapp 900 Zuhörer sind nicht nur raumakustisch von höchster Qualität, sondern mit ihren Holzkassettenwänden und Lichtdecken auch hochwertig und zeitlos ausgestaltet. Künstlerische Bodengestaltung der Foyers und der Einsatz von Mooreiche und Palisander, Schiefer und mattem Aluminium prägen das Bild der öffentlich zugänglichen Bereiche. Der hohe Anspruch an Raumbildung und Gestaltung setzt sich bis in die Aufnahmestudios und Übungsräume fort.

Die Ausnutzung des Bauraumes von ca. 60 x 60 m erscheint auch aus heutiger Sicht beispielhaft: eine in der Erbauungszeit neuartige Baugrubentechnik ermöglichte zwei voll genutzte Untergeschosse, innerhalb der Tragkonstruktion wurde ein komplexes Raumprogramm aus verschiedenartig dimensionierten Volumen verwirklicht. Die vorgehängte Natursteinfassade mit typisierten Aluminiumfenstern ist zeitlos, dauerhaft und lässt Reparaturen ohne Verlust des Erscheinungsbildes zu.

Die über die Jahrzehnte notwendig gewordenen Modernisierungen der tontechnischen Ausstattung der Studios schmälern das Gesamtbild nicht, sondern haben zusammen mit der sorgfältigen Instandhaltung durch die Bauabteilung die kontinuierliche Nutzbarkeit und unveränderte Aktualität des Bauwerks garantiert.
Aus Sicht des BDA Bayern erscheinen die Kriterien für die Denkmaleigenschaft für dieses Gebäude erfüllt, nicht nur hinsichtlich seiner Einzigartigkeit und Ursprünglichkeit, sondern auch aufgrund seiner allseits bekannten Historie, aus der sich das Interesse der Allgemeinheit zweifellos ableiten lässt.

Information
Auf der Homepage www.brstudiobau-retten.de sind Geschichte und Bedeutung des Studiobaus in Text und Bild umfassend dargestellt. Problemstellungen und aktuelle Entwick-lungen werden fortgeschrieben und durch zahlreiche lesenswerte Statements kommentiert. Hier können Sie auch den Brandbrief „Kein Abriss des Studiobaus!“ unterschreiben.

Notwendige Schritte
Die Architektinnen und Architekten im BDA Bayern setzen sich ausdrücklich und aktiv für die Erhaltung und Weiterentwicklung des Bestandes ein, der eine entscheidende Rolle im sparsamen Umgang mit Ressourcen, dem Klimaschutz im Bauwesen und der nachhaltigen Stadtentwicklung spielt. Daraus folgt:

• Der BR-Studiobau muss geschützt, erhalten und gepflegt werden, bis ein denkmalgerechtes und zukunftsfähiges Nachnutzungs- und Sanierungskonzept erarbeitet ist, das seinen Fortbestand sichert.

• Das Gebäude bietet in innerstädtischer Lage einmalige Chancen für Zwischennutzungen (wie etwa eine notwendige Interimslösung für die Musikhochschule) und Veranstal-tungen im Kunst- und Medienbereich.

• Die bisherigen wirtschaftlichen Entscheidungen müssen dazu mit fachkundiger Unterstützung und Prüfung aller plausiblen technischen und räumlichen Lösungen neu betrachtet werden.

• Die städtebauliche Planung muss durch Erhalt, Anpassung und Weiternutzung des Bestandes einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz legen. Die geplante Ent-wicklung des Rundfunkgeländes muss unter diesem Aspekt überprüft und korrigiert werden.

• Wir regen an, einen fachübergreifenden Unterstützerkreis für den Erhalt des Studiobaus aufzubauen. Die fundierte Empörung über die bisherigen Entscheidungen ist nicht zu überhören. Wir möchten helfen, sie in konstruktive Arbeit zu wandeln – unter der Prämisse:

Der BR-Studiobau muss erhalten bleiben!

Verfasser: Georg Götze, Architekt BDA, Stadtplaner

Unterzeichner:
Dr. Jörg Heiler, Landesvorsitzender BDA Bayern
Ina Laux und Prof. Kairn Schmid, Kreisvorsitzende BDA München-Oberbayern

Pressestimme:
„Architekten fordern Erhalt des BR-Studiobaus“, Süddeutsche Zeitung vom 13.11.2023

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